Auszug aus Nikolaus Kopernikus
"Erster Entwurf seines Weltsystems
Unsere Vorfahren haben, wie ich sehe, eine Vielzahl von Himmelskreisen
besonders aus dem Grunde angenommen, um für die an den
Sternen sichtbar werdende Bewegung die Regelmäßigkeit
zu retten. Denn es erschien sehr wenig sinnvoll, daß sich
ein Himmelskörper bei vollkommen runder Gestalt nicht immer
gleichförmig bewegen sollte. Sie hatten aber die Möglichkeit
erkannt, daß sich jeder Körper auch durch Zusammensetzen
und Zusammenwirken von regelmäßigen Bewegungen ungleichmäßig
in beliebiger Richtung zu bewegen scheint. Kalippos und Eudoxos
konnten dies freilich trotz Bemühens mittels konzentrischer
Kreise nicht erreichen und durch diese allein wieder System
in die Sternbewegung bringen. Es geht nicht bloß um das,
was bei den Umwälzungen der Sterne sichtbar wird, sondern
auch darum, daß sie bald aufzusteigen, bald herabzusteigen
scheinen. Dies steht aber mit konzentrischen Kreisen am wenigsten
im Einklang. Daher schien es eine bessere Ansicht zu sein, daß
dies durch exzentrische Kreise und Epizykel bewirkt wird. Und
eben darin ist sich die Mehrzahl der Gelehrten einig. Aber was
darüber von Ptolemaios und den meisten anderen hier uns
da im laufe der Zeit mitgeteilt worden ist, schien, obwohl es
zahlenmäßig entsprechen würde, ebenfalls sehr
angreifbares in sich zu bergen. Denn es reichte nicht hin, wenn
man sich nicht noch bestimmte ausgleichende Kreise vorstellte,
woraus hervorging, dass der Planet sich weder auf seinem Deferenzkreise
noch in bezug auf den eigenen Mittelpunkt mit stets gleicher
Geschwindigkeit bewegte. Eine Anschauung dieser Art schien deshalb
nicht vollkommen genug, noch der Vernunft hinreichend angepaßt
zu sein. Als ich dies nun erkannt hatte, dachte ich oft darüber
nach, ob sich vielleicht eine vernünftigere Art von Kreisen
finden ließe, von denen alle sichtbare Ungleichheit abhinge,
wobei sich alle in sich gleichförmig bewegen würden,
wie es die vollkommene Bewegung an sich verlangt. Da ich die
Aufgabe anpackte, die recht schwierig und kaum lösbar schien,
zeigte sich schließlich, wie es mit weit weniger und viel
geeigneteren Mitteln möglich ist, als man vorher ahnte.
Man muß uns nur einige Grundsätze, auch Axiome genannt,
zugestehen. Diese folgen hier in Reihe nach:
Quelle :Nikolaus Kopernikus, Erster Entwurf
seines Weltsystems, Wissenschaftliche Buchgesellschaft
(Darmstadt,1986), S.9 - S.11.
Sterbliche Überreste von Kopernikus gefunden Bei einem Grab, das Archäologen im Sommer in einer Kirche in Polen entdeckt haben, handelt es sich nach ersten Erkenntnissen um die letzte Ruhestätte des Astronomen. [mehr]
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